Wünschelruthe mit Scratch

Grundbaustein Sequenz – Unterrichtsbeispiel für die Grundschule

  1. Einleitung
  2. Warum Informatik in der Grundschule

3. Unterrichtsverlauf – didaktische Begründung

Gedichte begleiten die Schüler der Primarstufe ab der ersten Klasse. Im Sinne des Spiralcurriculums kehren sie in unterschiedlichsten Kontexten, mit unterschiedlichsten Bezügen, in jeder Klassenstufe wieder. Merkmale der Textart „Gedicht“ zu kennen, stellt eine Zielkompetenz des saarländischen Kernlehrplanes Deutsch Grundschule 2009 (KLP) in den Klassenstufen drei und vier dar (vgl. KLP 2009, 31 & 47). Aus diesem Grund wird die geplante Unterrichtseinheit in einer dritten oder vierten Klasse durchgeführt. Hinzu kommt die Notwendigkeit der Betrachtung aus, bzw. das Hineinversetzen in eine andere Perspektive, was vielen Kindern erst in der zweiten Hälfte der Grundschulzeit gelingt. 
Von Bedeutung ist, dass die Schüler in Grundzügen bereits mit dem Programm Scratch, sowie mit dem algorithmischen Baustein „Sequenz“ vertraut sind. Sie können

  • eine Sequenz über das Ereignis „wenn (grüne Fahne) angeklickt wird“ starten. 
  • im Bereich „Aussehen“ die Bausteine „sage“ und „wechsle zu Kostüm“ verwenden.
  • mit dem Bereich „Klang“ eigene Klänge/Geräusche/Texte aufnehmen und abspielen.
  • Figuren und deren Kostüme auswählen.
  • Bausteine einer Sequenz sortieren und sinnvoll zusammenfügen. (Fachkompetenzen)

Außerdem sind die Schüler sachkompetent in der Lage, mittels Tastatur kleinere Sätze einzugeben. Sie sind mit dem Sitzkreis und der Arbeit in Gruppen vertraut und können in diesen Sozialformen zielgerichtet arbeiten (Methodenkompetenz). Ihre Sozialkompetenz zeigt sich in gegenseitiger Unterstützung, sowie in einem respektvollen Umgang miteinander. 

Das Ziel der Stunde besteht in der inhaltlichen Erarbeitung des Gedichts „Wünschelrute“ von Joseph von Eichendorff mittels einer Scratch-Sequenz. 

Wünschelruthe
Schläft ein Lied in allen Dingen,
Die da träumen fort und fort,
Und die Welt hebt an zu singen,
Triffst du nur das Zauberwort.
(Joseph von Eichendorff, 1835)

In der 90-minütigen Doppelstunde erschließen die Schüler zunächst den Baustein „Neuer Block, indem sie Bausteinfolgen systematisch zusammenfassen (TK1). Sie strukturieren damit die Sequenz, indem sie systematisch Block-Einheiten festlegen, die aus mehreren Bausteinen bestehen (TK5). Im Bezug auf den KLP, und hier auf den Kompetenzbereich „Sprechen und Zuhören“, gliedern die Schüler sodann das Gedicht, indem sie es sinnvoll zerlegen und Verse einem jeweiligen Sprecher zuordnen (TK2). Sie charakterisieren die Verse in ihren spezifischen Eigenheiten, indem sie eine für sich funktionsangemessene Sprechweise bestimmen und diese dann weiterführend stimmlich und rhythmisch umsetzen (TK3). Vor dem Hintergrund der Textvorlage entwerfen die Schüler eine mündliche Version der „Wünschelruthe“, indem sie einzelne Zeilen sprechen und diese nach eigenem Ermessen ausdrucksvoll gestalten (TK4). Hinsichtlich des Kompetenzbereichs „Schreiben“ zeigen die Schüler ihre Schreibfertigkeit, indem sie den Text durch Nutzung des Computers/Tablets schriftlich darstellen (TK6). Abschließend erläutern sie ihre digitale Präsentation, indem sie zu ihren vertonten Passagen Stellung nehmen. Die Entwicklung des Vortrages wird begründet und ggf. diskutiert (TK7). Dies ist dem Kompetenzbereich „Lesen“ zuzuordnen. 

Für den Einstieg in die Stunde begeben sich die Schüler in einen Sitzkreis. Die Lehrperson spielt eine Youtube-Version der „Wünschelruthe“, gesprochen von Anna Thalbach, veröffentlicht am 19.08.2014, ab.
https://www.youtube.com/watch?v=qRKWVFmaWMI
Dieser auditive Impuls dient in erster Linie dem Höreindruck und nicht den textlichen Inhalten. Während sich die Lehrperson stumm zurücknimmt, obliegt es den Schülern, sich zum Gehörten zu äußern. Die Intension besteht in dieser Phase in der Feststellung der Monotonie des Youtube-Vortrages. Gerade weil Gedichte in der Grundschule oftmals nur zum Zwecke einer Leistungsüberprüfung auswendig gelernt werden, sehen viele Schüler in ihnen keinen Sinn, was zwangsläufig zu lyrischem Desinteresse führt. Der Zielimpuls für die Stunde soll die Schüler dagegen motivieren und lautet: „Heute vertonst du ein Gedicht selbst, ganz anders und super-modern.“

In der Erarbeitungsphase werden Gruppen mit drei oder vier Schülern gebildet. Die Lehrperson führt am Smartboard beispielhaft vor, wie eine Präsentation der „Wünschelruthe“ (Musterpräsentation) aussehen kann: 

Durch den Vergleich der Scratch-Version mit der Youtube-Version von Anna Thalbach soll das Interesse der Schüler gesteigert werden. Ziel ist es an dieser Stelle, die Schüler zu einer eigenen Version zu motivieren und auf diese Weise zu vermitteln, dass Lyrik auch sehr viel Spaß machen kann. 
Wie bereits zu Beginn des Kapitels erwähnt, sind die Schüler mit Sequenzen in Grundzügen, sowie mit einigen, dazu benötigten Bausteinen vertraut. Die Musterpräsentation enthält nun zusätzlich rote Bausteine, welche die Schüler noch nicht kennen. Sollten sich die Schüler zu diesem nicht äußern, kann die Lehrperson gezielt danach fragen. 

Nachfolgend lernen die Schüler nun zunächst den Baustein „Neuer Block“ kennen, der sodann in der Sequenz „Wünschelruthe“ angewendet werden soll. Dazu loggt sich jeder Schüler einzeln mit seiner Kennung bei Scratch.mit.edu ein und sucht nach dem Projekt „Muster für Block“. Sie rufen das Projekt über „Schau hinein“ auf und Remixen es, damit es zur weiteren Bearbeitung zur Verfügung steht:  

Während die Lehrperson am Smartboard vorführt, wie man einen neuen Block erstellt, arbeiten die Schüler an ihren PC´s/Tablets mit. Beispielhaft werden zwei Blöcke über den Bereich „Skript – Meine Blöcke“ definiert. Über die Funktion „Neuer Block“ erhalten die Blöcke neue Namen, an dieser Stelle „Kind 1“ und „Kind 2“:

Diese erscheinen im Projekt links unter „Meine Blöcke“

und sind anschließend zu definieren. Die Zeilen eins und zwei des Gedichts werden dem Block „Kind 1“ zugeordnet, die Zeilen drei und vier dem Block „Kind 2“:

Hängt man jetzt lediglich die Blockbausteine unter das Ereignisfeld

so erhält man eine in systematische Einheiten gegliederte Sequenz:

Für die sich anschließende Arbeitsphase erhalten die Schüler den Auftrag, in einer Gruppe von 3 bis 4 Personen eine eigene Version der „Wünschelruthe“ mit Scratch zu erstellen. Die Gruppen werden unter Berücksichtigung der Lernvoraussetzungen von der Lehrperson zusammengesetzt. Die Zeilen des Gedichts sollen dabei mit verschiedenen Kostümen vertont werden. Am Ende sind die einzelnen Einheiten systematisch zu Blöcken zusammenzufassen. 

Die Gruppen erhalten differenziert vorbereitete Projekte. Bezüglich der Beschreibung der Differenzierung wird auf Kapitel 4 verwiesen. Die von der Lehrperson verteilten Arbeitsaufträge sind hier zu finden.
Für die Arbeitsphase wird in der 90-minütigen Doppelstunde ein Zeitraum von mindestens 40 Minuten eingeplant. Im Anschluss präsentiert jede Gruppe über das Smartboard die selbst entworfene Sequenz. Dabei sollen auch die Vorgehensweise, sowie die individuelle Gestaltung erklärt werden. Erste inhaltliche bzw. textbezogene Interpretations-Aspekte können an dieser Stelle aufgegriffen und zugelassen werden, da an diese in einer Folgestunde angeknüpft werden kann. Schülerpräsentationen sind beispielhaft unter folgenden Links zu finden:   

https://scratch.mit.edu/projects/313184830/
https://scratch.mit.edu/projects/313185044/
https://scratch.mit.edu/projects/313188841/
https://scratch.mit.edu/projects/313185098/

3.1 Verlaufsplan „Wünschelruthe mit Scratch“

Scratch „Die Wünschelruthe als vertonte Sequenz“
Fach:
Deutsch
Thema:
Lyrik digital
Klassenstufe:
4 (Ende 3 möglich)
Lernvoraussetzungen:
Die Schülerinnen und Schüler (SuS) sind in Grundzügen mit dem Programm Scratch.mit.edu vertraut und in der Lage, eine Sequenz mit den Bereichen Aussehen, Klang und Ereignisse zu erstellen.
Die SuS können mittels Tastatur Sätze eingeben.
Die SuS sind mit der Gruppenarbeit vertraut und können innerhalb dieser zielgerichtet arbeiten.
Die SuS unterstützen sich gegenseitig und gehen respektvoll miteinander um.
Zielkompetenz: Die SuS geben das Gedicht „Wünschelruthe“ von Joseph von Eichendorff wieder, indem sie es mittels einer Scratch-Sequenz textlich und auditiv darstellen. 
 
Teilkompetenzen (TK1 & TK5: Programm Scratch; TK2 – TK4: Kompetenzbereich Sprechen & Zuhören; TK6: Kompetenzbereich Schreiben; TK7: Kompetenzbereich Lesen):
TK1:    Die SuS erschließen sich den Baustein „Neuer Block“, indem sie Baustein-Folgen systematisch zusammenfassen. 
TK2:    Die SuS gliedern das Gedicht, indem sie es systematisch zerlegen und Verse dem jeweiligen Sprecher zuordnen. 
TK3:    Die SuS charakterisieren die Verse in ihren spezifischen Eigenheiten, indem sie eine für sich funktionsangemessene Sprechweise bestimmen und diese stimmlich und rhythmisch umsetzen. 
TK4:    Die SuS entwerfen vor dem Hintergrund der Textvorlage eine mündliche Version der „Wünschelrute“, indem sie einzelne Zeilen sprechen und diese nach eigenem Ermessen ausdrucksvoll gestalten. 
TK5:    Die SuS strukturieren die Sequenz, indem sie sie systematisch in Einheiten gliedern, die aus mehreren Bausteinen bestehen. 
TK6:    Die SuS zeigen ihre Schreibfertigkeit, indem sie den Text durch Nutzung des PC´s schriftlich darstellen.  
TK7:    Die SuS erläutern ihre digitale Präsentation, indem sie zu ihren vertonten Passagen Stellung nehmen. Die Entwicklung des Vortrages wird begründet und ggf. diskutiert. 
ART-SChema

4. Differenzierung

Wie in allen anderen Fächern, ist auch in der vorliegenden Stunde ein Differenzierungsangebot zu gewährleisten. Die Sequenz, also die Aufeinanderfolge von etwas Gleichartigem, ist in der Regel der erste algorithmische Grundbaustein, mit welchem sich die Kinder befassen. Dennoch können die zahlreichen Bausteine und Funktionen des Programms Scratch.mit.edu Kinder überfordern, wenn sie noch wenig oder vielleicht gar nicht mit der digitalen Welt in Berührung kamen. Aufbauend auf das Vorwissen der Schüler, Ihre Aufnahmefähigkeit und die Einschätzung ihres Leistungsvermögens wird bei der „Wünschelruthe“ über die Projekte differenziert, in welchen viele, wenige oder gar keine Bausteine vorgegeben werden. 
Beim Einstieg in die Stunde ist keine Differenzierung erforderlich, da jedem Kind die Möglichkeit eingeräumt wird, sich zum Gehörten zu äußern. Im Fokus stehen an dieser Stelle auch nicht die Inhalte, sondern lediglich der Höreindruck. Identisch verhält es sich mit dem ersten Teil der Erarbeitung. Der Vergleich der Musterpräsentation mit der Youtube-Version zielt auf Eindrücke ab und soll zu Motivation führen. Bezüglich der Komponenten „Ereignis“, „Figur“, „Kostüme“, „Klang“, „Text“ und „Bühne/Bühnenbild“ befinden sich alle Schüler seitens des Einführungsprozesses auf dem gleichen Kenntnisstand. Aufgrund individueller Unterschiede, also der Heterogenität in der Klasse, können aber nicht alle bereits eingeführten Bausteine von allen Kindern gleich adäquat bzw. bewusst umgesetzt und genutzt werden. Während der Baustein „Neuer Block“, genau wie seine Vorgänger, mit allen Kindern gleichzeitig eingeführt wird, erfolgt in der Arbeitsphase eine dreifache Differenzierung nach Mindest-, Regel- und Expertenstandard. Schüler mit weniger ausgeprägten Medienkompetenzen, welchen der Umgang mit dem Programm noch schwerfällt, nutzen in der Arbeitsphase das Projekt „Wünschelruthe Mindeststandard“.

Vorgegeben ist der Ereignisbaustein, an welchen der Block „Kind 1 spricht“ angehängt ist. Zusätzlich ist dieser Block bereits definiert, d.h. dass er bereits mit einem Kostüm-, Text- und Klangbaustein ausgestattet ist. Die Schüler können sich an diesem Muster orientieren und definieren drei weitere Blöcke für die drei verbleibenden Zeilen des Gedichts. Da bereits vier Kostüme vorgegeben sind, kann diesbezüglich sehr einfach über das Drop-Down-Menü gewechselt werden. Die Verse zwei bis vier sind über den Textbaustein zu erfassen, der entweder zu kopieren oder neu über den Reiter Script – Aussehen ausgewählt werden muss. Die gesprochene Version ist von den Schülern selbst über das Drop-Down-Feld des Klangbausteins („zeichne auf“) aufzunehmen. Die Arbeitsaufträge für den Mindeststandard sind hier zu finden.

Mit dem Projekt „Wünschelruthe Regelstandard“ arbeiten Schüler, die bereits routinierter und sicherer mit dem Programm Scratch.mit.edu umgehen: https://scratch.mit.edu/projects/313027954/editor/

In diesem schon wesentlich anspruchsvolleren Projekt sind ein Ereignisbaustein, sowie jeweils ein Kostüm-, ein Text-, und ein Klangbaustein vorgegeben:

Die Schüler haben zunächst die Aufgabe, die Bausteine so oft wie nötig zu kopieren. Sie erfassen die Verse des Gedichts, zeichnen die Zeilen einzeln auf und wählen selbst eine Figur mit verschiedenen Kostümen, die von Sprecher zu Sprecher wechseln sollte. Abschließend werden die einzelnen Vers-Einheiten, jeweils bestehend aus Kostüm, Text und Klang zu Blöcken zusammengefasst bzw. definiert. Die Arbeitsaufträge für den Regelstandard sind ebenfalls hier zu finden.

Die Programmier-Profis unter den Schülern erstellen ihr Projekt „Wünschelruthe“ komplett selbst, was den Expertenstandard darstellt (Arbeitsaufträge siehe hier). Sollten dennoch Schwierigkeiten auftreten, kann auf den Regelstandard zurückgegriffen werden. Als quantitative Differenzierung, also für den Fall, dass Gruppen ihre Präsentationen sehr schnell fertigstellen, ist weiterhin ein passendes Bühnenbild zu wählen. Alle Gruppen sollten zum Ende der Arbeitsphase mindestens eine Version der Wünschelruthe erarbeitet haben, die sodann im Plenum präsentiert wird. 
Je nach Klassenzusammensetzung und Ausprägung der Medienkompetenzen der Schüler innerhalb des Klassenverbandes kann relativ unkompliziert zwischen den Standards gewechselt werden, was eine Erleichterung für die Lehrperson darstellt. Diese muss sodann in einer großen Klasse, beispielsweise mit 28 Kindern, nur beurteilen, ob die Gruppe mit dem zugewiesenen Standard zurecht kommt oder nicht. Ein flexibles Reagieren wird somit möglich. 

5. Ausblick

Nach der Präsentation der Sequenzen, der Erklärungen der Gruppen und dem erhaltenen Feedback des Plenums, könnte in einer weiteren Stunde eine Überarbeitung erfolgen. An dieser Stelle sind verschiedene Möglichkeiten denkbar. Statt lediglich das Kostüm einer Figur zu wechseln, könnten auch die Figuren selbst von Zeile zu Zeile wechseln. Weitere Vortragsmöglichkeiten könnten ausprobiert und evtl. auch wiederholt werden. Bei den Bühnenbildern besteht ebenfalls die Möglichkeit des Wechselns. Insgesamt betrachtet könnte mit einer variierenden Wiederholung auch der Block-Baustein in seiner strukturierenden Funktion nochmals deutlicher herausgestellt werden. Alternativ wäre es möglich, im Hinblick auf den Lyrik-Unterricht in Verbindung mit dem Programm eine weitere Strophe zu dichten und ebenfalls visuell-auditiv zu gestalten. Die Intention der Lehrperson liegt in der Stunde auf der medialen Herangehensweise an Lyrik, welche einen deutlichen Kontrast zum Rezitieren oder Vortragen darstellt. Die Schüler sollen mit mehr Spaß und Motivation an Gedichte herangehen, damit ein längerfristiger Lernprozess gefördert wird. Unterstützt wird dies durch die Einbringung persönlicher Komponenten, die einen Bezug zwischen dem Gedicht und der Lebenswelt der Kinder herstellen.

6. Quellen