Unterrichtsverlauf und didaktische Begründung

Die vorliegende Unterrichtsplanung setzt als Lernbedingung voraus, dass die SuS im Umgang mit der kindgerechten Programmiersprache „Scratch“ vertraut sind. Das bedeutet, dass sie bereits einige Male zuvor in der Vergangenheit eigene Programme entwickelt haben. Die Kinder können daher entsprechende Programm-Bausteine verwenden, um  „Figuren“ und  „Bühnen“ zu erstellen oder sachgerechte Steuerungsbefehle an das zu entwickelnde Programm erteilen. Da es sich bei „Variablen“ um einen der komplexesten algorithmischen Grundbausteine handelt, ist die Umsetzung des Unterrichtskonzeptes –je nach Vorerfahrung der SuS- in einer 3. oder 4. Grundschulklasse zu empfehlen. Es handelt sich um eine Doppelstunde, deren zeitlicher Umfang 90 Minuten beträgt. 

Zu Beginn der Unterrichtsstunde ruft die Lehrperson ihre Klasse dazu auf, sich in einem Sitzkreis zu versammeln. Sich der Aufmerksamkeit und Neugier der SuS bewusst, verkündet sie daraufhin, am frühen Morgen eine mysteriöse Briefrolle vor der Eingangstür zum Klassenzimmer vorgefunden zu haben. Die Lehrkraft liest den Brief vor (wiederholtes Vorlesen ist an dieser Stelle gegebenenfalls notwendig) und erteilt ihren SuS den Hörauftrag.

Briefrolle
Brief von Aschenputtel

Der Einstieg in die Unterrichtsstunde wurde bewusst in der Absicht, dass ein erkennbarer und kontinuierlich immer wiederkehrender Bezug zum Aschenputtel-Märchen vorhanden ist, ausgewählt. Damit das Verständnis aller Kinder gewährleistet ist, wiederholen einige SuS in eigenen Worten erneut den Inhalt des Briefes. Die Klasse beratschlagt sich hinsichtlich möglicher bereits aufgekommener Hilfsideen für Aschenputtel. Um das Lernziel der Stunde transparent zu halten, eröffnet die Lehrperson dieses im Anschluss daran ihrer Klasse: Die SuS helfen Aschenputtel dabei, es mit Hilfe von Scratch noch rechtzeitig zum Ball zu schaffen, indem sie ein Zählprogramm für die Linsen entwickeln. 

Nachdem die Kinder erneut an ihren gewohnten Plätzen sitzen, werden Laptops an alle SuS ausgeteilt, welche diesen daraufhin wie gewohnt hochfahren und das Programm Scratch mit ihren eigenen Zugangsdaten öffnen. Im Folgenden führt die Lehrperson den für die SuS bis dahin noch unbekannten Fachbegriff „Variable“ ein. An dieser Phase des Unterrichtsverlaufs setzt nun die Live-Programmierung der ersten Variable „Anzahl der guten Linsen“ an. Sie garantiert, dass alle Kinder das Programm bis zu einem notwendigen Punkt für spätere Arbeitsschritte erstellen. Aufgrund der zusätzlichen visuellen Lernunterstützung werden dabei mehrere Verarbeitungskanäle gleichzeitig angesprochen. Bei vereinzelten Schwierigkeiten im Entwicklungsprozess kann die Lehrperson für die gesamte Klasse sichtbar am eigenen Laptop nachvollziehbare Hilfestellung leisten. In der 1. Arbeitsphase findet ein Wechsel der Sozialform statt. Die Kinder dürfen jetzt ihr neu dazu gewonnenes Wissen direkt anwenden, indem sie selbstständig und analog zur eben im Plenum erstellten ersten Variable die zweite Variable „Anzahl der schlechten Linsen“ entwickeln. Neben der Steigerung des Anforderungsniveaus an die SuS, erfahren diese zugleich also auch die Merkmale und Funktionsweisen von Variablen. Im nächsten Schritt dürfen die Kinder ihre fertig gestellten Zählprogramme in Partnerarbeit ausprobieren und auf Korrektheit überprüfen. Hierzu erhält jedes Kind ein Päckchen mit einer unterschiedlichen Anzahl von bunten Schokolinsen, welche die Kinder zum Zählen motivieren. Denn diese symbolisieren folglich die zu bestimmenden guten (=alle nicht-braunen) und schlechten (=braune) Linsen. Aufgrund dessen, dass sich die Anzahl der guten und schlechten Linsen in allen Päckchen voneinander unterscheidet, entsteht ein größeres Diskussionspotenzial. Die Heranwachsenden erhalten die Möglichkeit zum gegenseitigen Austausch über eigenes Vorgehen, Schwierigkeiten, Auffälligkeiten, Ergebnisse, entdeckte Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Auch das damit einhergehende Einhalten von Gesprächsregeln wird hierbei geschult. 

Das erstellte Programm zum Zählen der Linsen

Es wird festgestellt, dass die SuS am Ende dieser Unterrichtsphase einen 1. Erfolg erleben: Sie konnten Aschenputtel beim Zählen der Linsen helfen. Das ihnen bis dahin ohnehin schon bekannte Programm Scratch erwies sich dabei als äußerst hilfreich und effektiv. Ein weiterer Nutzen und Vorteil der kindgerechten Programmiersprache ist somit entdeckt worden. Um den Kindern diesen Zweck noch bewusster vor Augen zu führen, wird eine 2. Arbeitsphase an die Reflexion geschaltet. In dieser dürfen die SuS eigene weitere Ideen zu möglichen Zählanlässen auf dem Ball äußern. Der erneute Bezug zur thematischen Einbettung der Informatikstunde wird hierbei gewährleistet, denn die Geschichte von Aschenputtel geht noch weiter. Ferner noch, sie kann von den SuS zu einem gewissen Grad sogar selbst mitbestimmt werden. Die Kinder sammeln hierfür im Plenum Zählanlässe, die an der Tafel festgehalten werden (Einige werden zuvor von der Lehrperson zur Orientierung und Hilfestellung vorgeschlagen.). Die SuS dürfen sich dann in Kleingruppen von 3-4 Personen zusammentuen und einen Zählanlass ihrer Wahl verkünden. Falls es dabei zu Dopplungen kommt, so stören diese den Unterrichtsverlauf keineswegs. Vielmehr bieten sie die Möglichkeit, die Ergebnisse im Nachhinein in der noch ausstehenden 2. Reflexion zu vergleichen. Damit die Aufgabenstellung jedoch zunächst erfolgreich gelöst werden kann, wird zuvor das notwendige Vorwissen der SuS zum Erstellen von Figuren, Bühnen und Variablen abgerufen und aktiviert. Das alte und neue Wissen wird hier miteinander verknüpft. Schließlich können die Kinder die Erkenntnisse auf einen neuen Sachverhalt anwenden, indem sie in ihren Kleingruppen Zählprogramme zu ihrem vorher festgelegten Thema entwickeln. In der Zwischenzeit bearbeitet die Lehrkraft gegebenenfalls den vorbereiteten Abschlusstext, indem sie die von den SuS neu hinzu gekommene Zählanlässe abändert oder ergänzt. Sobald die Klasse mit dem Entwickeln ihrer eigenen Zählprogramme fertig ist, werden diese nacheinander und für alle SuS sichtbar vorne an die Leinwand projiziert. Die entsprechenden Gruppenmitglieder präsentieren ihr Ergebnis, der Rest der Klasse übt sich in der Vergabe von konstruktivem Feedback.

Die Ergebnisse der zweiten Arbeitsphase

Um auch dieses neu entwickelte eigene Programm auf seine Tauglichkeit zu überprüfen, wird ein weiterer Text, der Abschlusstext, welcher von Aschenputtels Erlebnissen auf dem Ball berichtet, von der Lehrperson laut vorgelesen. An dieser Stelle entsteht eine Parallele zum Beginn der Unterrichtsstunde. Die SuS nutzen derweilen ihre Programme und bestimmen mit Hilfe von Scratch abermals die Anzahl ihres individuellen Zählanlasses. Im Folgenden können nun die Ergebnisse im Plenum mitgeteilt und diskutiert werden. 

Die Schulstunde endet mit einer abschließenden Wiederholung des heute neu Gelernten. Die Kinder erklären in ihren eigenen Worten den Begriff Variable. Auf diese Art und Weise wird sichergestellt, dass die SuS den algorithmischen Grundbaustein sowie seine Merkmale und Funktionsweisen gänzlich verstanden haben. 

Artikulationsschema-mit-Kompetenzen

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