Informatik in der Primarstufe: Callis Abenteuer/ EVA- Prinzip mit Calliope Mini

Informatik in der Grundschule mit Calliope Mini:

Die folgende beschriebene Stunde ist eine Doppelstunde (90 Minuten) für eine dritte / vierte Klasse. Sie thematisiert das „EVA-Prinzip“ („Eingabe-Verarbeitung-Ausgabe-Prinzip) des Calliope Minis. Es stellt somit keine Einführungsstunde dar, sondern setzt Grundkenntnisse im Umgang mit „Calliope Mini“ voraus. Das „EVA-Prinzip“ als Begriff wird nicht vorausgesetzt.

Was ist Calliope Mini?

Der Calliope Mini ist ein Microcomputer für die Schule und kann ab der dritten Klasse im Unterricht eingesetzt werden.

Für weitere Informationen (u.a.) bezüglich der Funktionsweise des Calliope Minis kann beispielsweise die offizielle Website für „erste Schritte“ besuchen.

Des Weiteren bietet Youtube kurze Einführungs- und Anleitungsvideos. Beispiele:

Stundenbeschreibung

Die Unterrichtsstunde umfasst 90 Minuten. In dieser werden mithilfe des Calliope Minis nach dem „Eingabe-Verarbeitung-Ausgabe“-Prinzip informatische Probleme gelöst.

Eingebettet sind diese Probleme in eine bzw. zwei Rahmengeschichten mit der Hauptperson „Calli“. Calli erlebt Abenteuer, welche durch Programmierungen mit dem Microcomputer angereichert werden.

Im ersten Teil der Stunde wird die vorgelesene Geschichte durch Programmierung des Calliopes visuell und akustisch untermalt, zum Beispiel durch die Simulation des Wecker Klingelns oder der Visualisierung des Lichtes der Taschenlampe. Im weiteren Verlauf der Stunde werden die Schülerinnen und Schüler dazu aufgefordert, an entsprechenden Stellen die Programmierungen abzuspielen. Somit gestalten die Schülerinnen und Schüler aktiv die Geschichte mit und sind zum Zuhören und Aufpassen angeregt.

Im zweiten Teil der Stunde wird ein weiteres Abenteuer von Calli mitgestaltet- dies ermöglicht es beispielsweise auch, die zwei Geschichten in verschiedenen Stunden / an verschiedenen Tagen zu durchlaufen. Im zweiten Teil wird das Niveau, ebenso die Offenheit der Aufgaben sowie der Mitbestimmungsgrad der Schülerinnen und Schüler erhöht. In der Geschichte wird Calli vor verschiedene Probleme gestellt, von denen jeweils zwei Optionen direkt zu programmieren sind. Nach der Programmierung stimmen die Schülerinnen und Schüler ab, welche Option gewählt werden soll. Je nach Ergebnis nimmt die Geschichte einen anderen Verlauf. Somit kann sie durchaus mehrmals durchlaufen werden.

Verlaufsplan

Anbei ist der Verlaufsplan in Form eines Artikulationsschemas inklusive Kompetenzen beigefügt.

Material

Das Material der Stunde umfasst hauptsächlich die Calliope Minis sowie Computer zum Programmieren. Es sollte idealerweise für jeden Schülerinnen und Schüler ein Exemplar zur Verfügung stehen. Es eignet sich außerdem, als Lehrperson einen Calliope Mini (inklusive einem langen USB-Kabel zum einfacheren Hochhalten des Calliopes) sowie einen an einem Projektor (o.ä.) angeschlossenen Computer zu nutzen. Dadurch kann die im zweiten Teil der Stunde benötigte PowerPoint-Präsentation gezeigt werden. Außerdem kann (nach Bedarf, insbesondere zur Wiederholung von einfachen Programmierschritten) Live-Coding durchgeführt werden. In diesem werden von der Lehrperson Schritt für Schritt ein bestimmter Auftrag programmiert, sodass die Schülerinnen und Schüler jeden Teilschritt nachvollziehen und ggf. nachahmen können.

Materialliste:

  • Calliope Minis inklusive Computer zum Programmieren (pro Schülerinnen und Schüler)
  • Calliope Mini, langes USB-Kabel, Computer und Projektor/ Beamer / Sonstiges (für Lehrperson)

Teil 1 der Stunde:

Teil 2 der Stunde:

Konzeptbegründung

In dieser Unterrichtsstunde sollen Schülerinnen und Schüler sich mit dem EVA-Prinzip (Eingabe – Verarbeitung – Ausgabe) bekannt machen. Als Anregung dafür wurde das Programmieren in eine kleine Geschichte über den Helden „Calli“ eingebettet. Die Kinder werden dazu aufgefordert einige der Symbole aus der Geschichte auf ihrem CalliopeMini zu programmieren und somit der Geschichte Schritt für Schritt zu folgen. Der Gedanke dahinter war, dass die Schülerinnen und Schüler ihr Vorwissen zum Programmieren mit dem CalliopeMini aktivieren und schon schrittweise das EVA-Prinzip kennenlernen. Außerdem soll die kurze „Heldengeschichte“ die Motivation der Kinder ankurbeln.
Anschließend soll der interessantere und wichtigere Teil der Unterrichtsstunde kommen: die Kinder können anhand von einer Powerpoint-Präsentation Callis Rückweg nach Hause mitbestimmen. Dafür wird das Kind vor eine Problemstellung gestellt und muss zwei Möglichkeiten programmieren, nach einheitlichem Wählen in der Klasse wird dann entschieden für welche Option Calli sich entschieden hat und so bestimmen die Schüler den weiteren Verlauf – und die weiteren Programmierungen – der Stunde.
Der erste Teil der Unterrichtseinheit ist somit als ein Auffrischen des Vorwissens und eine Heranführung an ein neues Programmierungsprinzip gedacht; der zweite Teil der Einheit sollte kognitiv aktivierender sein, da die Schüler zu einem Teil der Geschichte werden und etwas beitragen müssen damit die Geschichte weitergehen kann. Der Schüler wird zum selbstbestimmten Programmierer eines digitalen Mediums und kann somit – und durch weiteres Üben und weitere Aufgaben – als kompetenter Nutzer in der digital geprägten Gesellschaft Anschluss finden.

Reflexion und Diskussion

Nach einer Vorführung dieses möglichen Unterrichtsverlaufs wurde über die einzelnen Schritte diskutiert und Feedback gegeben. Die Versucher waren von der in die Geschichte eingebetteten Rahmenhandlung überzeugt. Das Tempo der Unterrichtseinheit wurde in der Durchführung erhöht, weshalb viele sie als zu schnell empfanden. In einer Informatiksstunde in der Grundschule würde die Einheit weniger schnell durchgeführt werden, da man in dieser noch mit Fragen, Differenzierung und möglichen Schwierigkeiten seitens der Kinder rechnen muss. Die Aufgaben werden kleinschrittig schwieriger. Ansonsten ist dieser Verlauf so vom Schwierigkeitsgrad her nicht zu viel, es handelt sich nicht um eine Einführungsstunde und ist auch nicht zu komplex und wäre in einer dritten Klasse schon gut umsetzbar. Für die zweite Klasse wäre es von Qualität her passend, aber vielleicht zu quantitativ.
Der sehr aktive Teil des Schülers wurde auch noch als positiver Punkt aufgelistet: es gibt viel Interaktion mit dem Kind, wenig Leerlauf und das Kind wird auch in das Thema der Stunde eingebunden, wodurch es zusätzlich noch motiviert wird.
Trotzdem müsste man hier eine Sicherung festlegen, um sicher zu stellen, dass jeder Schüler die Aufgabe verstanden und durchgeführt hat, denn zwei Möglichkeiten zu programmieren wird eventuell langweilig für einige Schüler, weshalb diese möglicherweise den Anschluss verlieren. Sie können in der folgenden Folie natürlich wieder den Anschluss finden, müssen dafür aber motiviert bleiben.

Die vorbereiteten Hilfestellungen wurden als eine gute Differenzierungsmöglichkeit bewertet, obwohl letztere in dieser Vorführung nicht nötig waren. Teilweise wurden auch Hinweise benutzt, um eine bessere Dynamik in der Klasse zu ermöglichen („hebe die Hand, wenn du noch Zeit brauchst…“, „wer braucht eine Hilfestellung?“). Diese Handzeichen könnten eventuell durch programmierte Signale auf dem CalliopeMini ersetzt werden.

Dieser Arbeitsauftrag wäre auch als Partner- oder Gruppenarbeit, oder sogar als Stationenarbeit umzusetzen. Dann könnten die Kinder eventuell eine eigene Geschichte oder einen eigenen Schluss zur Geschichte entwerfen, vorstellen und vergleichen. In Teams könnten schwächere und stärkere Schüler miteinander arbeiten, so dass sie sich gegenseitig helfen könnten zu lernen.

Das Live-Coding war in dieser Stunde gut, da die (ungeübten) Versuchen dadurch dem Verlauf besser folgen konnten, in einer Grundschule wäre es aber auch noch gut, damit die Schüler den Faden nicht verlieren und schwächere Schüler auch noch miteinsteigen können.

Differenzierung und Alternativen

Die Stunde kann in vielfacher Weise abgewandelt und differenziert werden. Im Folgenden sind Möglichkeiten aufgelistet:

  • Differenzierung durch die Teilung der Stunde

Durch die Aufteilung der Stunde in zwei Hälften kann nach Bedarf der erste Teil auf 90 Minuten (oder länger) ausgeweitet und somit kleinschrittiger durchlaufen werden. Dies gilt weiterhin für den zweiten Teil der Stunde.

  • Differenzierung durch die Öffnung der Aufgaben

Erster Teil der Stunde:

Für leistungsschwache Gruppen, Schülerinnen und Schüler oder diejenigen Gruppen, die noch nicht gänzlich mit dem Calliope Mini Programmieren vertraut sind, kann man live coden: Man demonstriert schrittweise am PC (angeschlossen an Beamer / Smartboard) die Programmierung. Dies kann von den Schülerinnen und Schülern nachgeahmt / nachvollzogen werden. Außerdem kann man einzelne Bausteine zeigen (z.B. ihren Platz / Bereich oder die Funktionsweise).

Für leistungsstärkere Gruppen / Schülerinnen und Schüler kann man die einzelnen Aufgaben öffnen. Beispielsweise kann man eigenständig überlegen, wie man ein „Wecker“ oder „Licht“ darstellen kann. Diese natürliche Differenzierung erfordert einerseits Kreativität der Schülerinnen und Schüler. Sie hat das Potenzial, dass jedoch diese, ihrem Niveau entsprechen, durchaus komplexere Programmierungen vornehmen und umsetzen. An dieser Stelle sollte ein Zeitlimit o.ä. gesetzt werden, sodass Ergebnisse ebenfalls präsentiert werden können.    

Zweiter Teil der Stunde:

Ebenfalls kann im zweiten Teil der Stunde Live-Coding durchgeführt werden. Außerdem werden für Schülerinnen und Schüler nach Bedarf in Umschlägen benötigte Blöcke vorgegeben. Diese sind ausgeschnitten, unsortiert und beinhalten (falls nötig) nicht die richtige Auswahl (Zum Beispiel wird als Hilfestellung der Block „Setze LED-Farbe auf…“ angegeben, nicht jedoch die passende Farbe).

Eine Öffnung der Arbeitsaufträge ermöglicht an dieser Stelle ebenfalls die kreative Umsetzung der Geschichte. Insbesondere kann dies am Ende der Stunde, in der Umsetzung des letzten Auftrages, aufgenommen werden. Das Ende der Stunde besteht darin, die verschiedenen Ergebnisse miteinander zu vergleichen. Eine Variation an verschiedenen möglichen und passenden Programmierungen würdigt die individuelle Umsetzung und repräsentiert die zahlreichen Möglichkeiten des Programmierens.

  • Differenzierung durch verschiedene Sozialformen

Die Unterrichtsstunde in dieser Form ist so konzipiert, dass die Schülerinnen und Schüler in Einzelarbeit programmieren. Ebenfalls kann durchaus in Partnerarbeit die verschiedenen Arbeitsphasen durchgeführt werden, welches als Entlastung für die einzelnen Schülerinnen und Schüler dienen kann. Anzumerken ist, dass man eventuell mehr Zeit einplanen müsste, falls die Schülerinnen und Schüler eher offenere Variationen der Aufgaben umsetzen sollen. In der Reflexion (siehe Diskussion) wurde ebenfalls angemerkt, dass der zweite Teil der Stunde durchaus als Stationenarbeit durchgeführt werden kann: Je nachdem, für welche Option der Geschichte der Schüler / die Schülerin sich entscheidet, variiert die Station / Verlauf der Geschichte, die weitergeführt wird.

  • Differenzierung durch die eigene Gestaltung des Endes (zweiter Teil):

Für stärkere Schülerinnen und Schüler / erfahrene Gruppen kann ebenfalls das Ende der Geschichte des zweiten Teils komplett herausgenommen werden. Stattdessen überlegen sich die Schülerinnen und Schüler ein eigenes Ende, stellen es dar und stellen es im Plenum (ggf. Sitzkreis) dar. Erzählkompetenzen werden somit ebenfalls gefördert. Bei Zeitmangel kann der Austausch mit dem Sitznachbarn erfolgen.

Warum ist das Informatik?

„Informatik ist die Wissenschaft, die sich mit der systematischen und automatischen Verarbeitung, Speicherung und Übertragung von Daten aus Sicht der Hardware, der Software, der Grundlagen und der Auswirkungen befasst.“ (Schubert & Schwill 2011, 2).

Die Stunde ist insofern Informatik, als dass sie einerseits ein Informatiksystem (eine spezifische Zusammenstellung von Hardware, Software und Netzverbindungen) als Unterrichtsgegenstand nimmt. Der Calliope Mini als „Mikrocomputer“ ist ein solches Informatiksystem. Durch dessen Nutzung nicht nur als Werkzeug, sondern insbesondere als zentraler Fokus der Unterrichtsstunde, wird dieses Informatiksystem entmystifiziert.

In der dargelegten Stunde wird der Calliope Mini / das Informatiksystem konkret dazu genutzt, dargelegte Probleme informatisch zu lösen. Vordergründig ist somit das Problemlösen, Handeln und das Formulieren von Algorithmen, indem dargelegte Situationen aus der Lebenswelt von Calli (Wecker klingeln, Licht anmachen, Regenschirm öffnen, Knochen geben, Brücke bauen, …) in die informatische Sprache übersetzt werden müssen. Die Übersetzung muss dem Anspruch genügen, einen Bezug zur Lebenswelt zu haben.

Insbesondere durch die im zweiten Teil der Stunde durchgeführte Mitbestimmung der Schülerinnen und Schüler (Was soll Calli machen?), erleben diese gesellschaftliche Selbstwirksamkeit: Die Schülerinnen und Schüler nutzen kompetent (mit Programmieraufträgen) und selbstbestimmt das Informatiksystem Calliope Mini und erkennen somit informatische Prinzipen (u.a. Eingabe-Verarbeitung-Ausgabe-Prinzip) sowie die informatische Modellierung dahinter. Insbesondere in dieser Stunde wird die Modellierung durch einer gegebenen „aus der Lebenswelt“ dargestellten Situation / Handlung und der Übersetzung in die informatische Sprache, somit einem Algorithmus, gefördert / gefordert. Einzuordnen ist die Stunde somit in die Praktische Informatik.  

Literatur:

Schubert, Sigrid & Schwull, Andreas (22011): Didaktik der Informatik. Heidelberg: Spektrum.