1 Theoretische Grundlagen des Unterrichtsentwurfs

Im ersten Kapitel werden die theoretischen Grundlagen für die folgende Unterrichtsstunde gelegt. Dabei wird zunächst die Relevanz der informatischen Bildung in der Primarstufe verdeutlicht. Anschließend werden die Rechtschreibstrategien, welche der Unterrichtsstunde zugrundeliegen, näher erläutert.

1.1 Relevanz der Informatischen Bildung im Kontext der Primarstufe

„Informatik hat die Gesellschaft und somit auch die Lebenswelt und den Alltag von Kindern durchdrungen“ (Gesellschaft für Informatik 2019, S. V). Wie im vorangegangenen Zitat beschrieben, kommen auch Kinder im Grundschulalter bereits mit zahlreichen Informatiksystemen in Berührung. Diese befinden sich z. B. in Spielsachen, Smartphones oder anderen mobilen Endgeräten, Textverarbeitungsprogrammen und Navigationssystemen im Auto der Eltern (vgl. Humbert et al. 2019, o. S.). Kinder nutzen diese Informatiksysteme bereits aktiv, jedoch ist ihnen der Bezug zur Informatik oft nicht bewusst (vgl. ebd.). Viele Informatiksysteme wie bspw. das Internet agieren im Verborgenen. Dadurch wird den Kindern nicht ersichtlich, dass hinter ihnen ein programmgesteuertes, informatisches System steckt (vgl. Gesellschaft für Informatik 2019, S. V). Phänomene, wie die Platzierung von Werbung mit Hilfe von Cookies, bleiben somit für die Kinder zunächst unverständlich (vgl. ebd.).

Daher besteht eine zentrale Aufgabe der Grundschule darin, den SuS die grundlegenden Konzepte der Informatik zu vermitteln, damit diese bewusst am gesellschaftlichen Leben teilhaben können (vgl. ebd.).

Humbert et al. (vgl. 2019, o. S.) fordern, dass die informatische Bildung ein Bestandteil der allgemeinen Bildung darstellen sollte. Dadurch finden alle SuS einen Zugang zur Informatik und lernen diese aktiv mitzugestalten . Die SuS werden somit auf ein Leben vorbereitet, das zunehmend informatische Kompetenzen voraussetzt (vgl. Gesellschaft für Informatik 2019, S. V).

Diese informatische Bildung wird im Basiscurriculum für Medienbildung und informatische Bildung als „[die] Summe aller im schulischen Bildungsprozess erworbenen Kenntnisse und Kompetenzen von Schülerinnen und Schüler im Umgang mit digitalen Werkzeugen […], die insbesondere Methoden, Verfahren und Prozesse der automatischen Daten- bzw. Informationsverarbeitung umfassen“ definiert (Ministerium für Bildung und Kultur 2019, S. 3). Diese Kenntnisse und Kompetenzen können in einem eigenständigen Fach oder in einem eigenständigen Lernbereich verankert werden (vgl. Gesellschaft für Informatik 2019, S. 5). Dabei bietet es sich in der Grundschule an, informatische Bildung im Fach Sachunterricht als eigenen Lernbereich zu etablieren (vgl. ebd.). Darüber hinaus sollten die informatischen Kompetenzen der SuS auch in allen übrigen Fächern der Grundschule weiterentwickelt werden, sodass diese allgegenwärtig sind (vgl. ebd.).

Auch die Gesellschaft für Informatik fordert in ihrer Dagstuhl-Erklärung, dass die digitale Bildung zu einem eigenständigen Lernbereich der Primarstufe werden muss und dass die Förderung digitaler Kompetenzen fächerübergreifend integriert werden muss (vgl. Gesellschaft für Informatik 2016, S. 1). Zudem wird hier ein Erwerb der Kompetenzen in Form eines Spiralcurriculums verlangt, wodurch digitale Bildung in allen Schulstufen integriert werden sollte (vgl. ebd.). Um den Bildungsauftrag der Medienbildung zu erfüllen, ist es die Aufgabe der Schule, verschiedene Erscheinungsformen der Digitalisierung konkret in drei unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten (vgl. ebd., S. 2). Dazu hat die Gesellschaft für Informatik in Zusammenarbeit mit Experten der Medienpädagogik, Wirtschaft und Schulpraxis das folgende Modell erstellt (vgl. ebd., S. 3).

Abbildung 1: Dagstuhl-Dreieck

Im sogenannten „Dagstuhl-Dreieck“ stehen die digital vernetzte Welt und das entsprechende Phänomen, ein Gegenstand oder eine Situation im Mittelpunkt. Der zentrale Inhalt wird schließlich aus drei verschiedenen Perspektiven betrachtet. Dabei gibt es zum einen die technologische Perspektive, wobei die Funktionsweisen von Systemen hinterfragt und bewertet werden (vgl. ebd.). Dadurch werden grundlegende Strategien und Methoden zum Problemlösen vermittelt. Zusätzlich erwerben die SuS Hintergrundwissen und technologische Grundlagen, die sie bei der Mitgestaltung der digital vernetzten Welt anwenden können (vgl. ebd.).

Bei der gesellschaftlich-kulturellen Perspektive wird die Wechselwirkung zwischen der digital vernetzten Welt und den Individuen bzw. der Gesellschaft analysiert (vgl. ebd.). Hierbei geht es z.B. um die Wirkungen der digitalen Medien auf die Gesellschaft und darum, wie man selbst Einfluss auf technologische Entwicklungen nehmen kann (vgl. ebd.).

Die Anwendungsbezogene Perspektive beschäftigt sich schließlich mit der Auswahl und effizienten Nutzung von Systemen (vgl. ebd.). Die SuS lernen hier die Funktionen gängiger Werkzeuge kennen, wodurch sie diese sicher bedienen können (vgl. ebd.).

Aus diesen drei Perspektiven sollte somit nach der Dagstuhl-Erklärung verschiedene Gegenstände, Phänomene, die die digital vernetzte Welt umfassen, im Unterricht für die SuS aufbereitet werden (vgl. ebd.).

1.2 Rechtschreibstrategien in der Primarstufe

Der Spracherwerb nimmt einen besonderen Stellenwert in der Gesellschaft ein, da die Sprache, die als „Schlüssel zum Welt- und Selbstverständnis“ (KMK 2005, S. 6) angesehen wird, dem Individuum eine kulturelle Partizipation ermöglicht, als Instrument der zwischenmenschlichen Kommunikation dient und den Informationsaustausch sicherstellt. Dabei können die Informationen nicht nur konzeptionell mündlich innerhalb einer Gesprächssituation ausgetauscht werden, sondern auch mit Hilfe eines spezifischen Schriftsystems. So ermöglicht z.B. die Buchstabenschrift den Menschen eine orts- und zeitunabhängige Kommunikation (vgl. Augst & Dehn 2013, S. 15). Damit jedoch eine überregionale Verständigung gelingt, ist das Vorhandensein einer einheitlichen Schreibung, der sogenannten Orthographie von Nöten. Diese wird obendrein als Indikator für das individuelle Ausmaß an Bildung angesehen und erleichtert daneben dem Leser die mühelose Informationsentnahme des Geschriebenen (vgl. Spiegel 2016, S. 7; Anderer & Baark 2014, S. 1). Aufgrund dessen erscheint es kaum verwunderlich, dass dem Rechtschreibunterricht in der Primarstufe eine elementare Bedeutsamkeit zugeschrieben wird, um die SuS zum kompetenten Umgang mit der konzeptionell schriftlichen Sprache zu befähigen (vgl. Spiegel 2016, S. 7).

Damit der Rechtschreibunterricht jedoch als lernförderlich zu bewerten ist, muss er spezifische Voraussetzungen erfüllen. Dementsprechend wird ein Unterricht angestrebt, der die orthographischen Regularitäten der deutschen Sprache möglichst anschaulich darstellt und den individuellen Lern- und Leistungsständen der SuS gerecht wird. Des Weiteren sollte er durch einen lernförderlichen Umgang mit Fehlschreibungen sowie durch seine Übungsintensität gekennzeichnet sein (vgl. ebd., S. 8). Außerdem darf die Orthographie keinesfalls isoliert von anderen sprachlichen Handlungsfeldern betrachtet werden, sondern sollte vielmehr integrativ während des Deutschunterrichts thematisiert werden. Deshalb sollten die Lehrkräfte die Lernenden möglichst frühzeitig mit Wortmaterial konfrontieren, „[…] an dem sie [aktiv-entdeckend] grundlegende Einsichten in die deutsche Orthographie gewinnen können […]“ (Riegler & Laser 2016, S. 10f.).

Weiterhin erfolgen die Gestaltung und Organisation des Rechtschreibunterrichts in Anlehnung verschiedener Konzeptionen. Eine Umsetzungsmöglichkeit in der Unterrichtspraxis verkörpert dabei der strategieorientierte Rechtschreibunterricht, bei dem den SuS verschiedene Sprachanalyseprozesse vermittelt werden, mit deren Hilfe die Identifikation der korrekten Schreibung eines Wortes gelingt. Obendrein werden durch dieses Vorgehen Gesetzmäßigkeiten der deutschen Orthographie für die SuS sichtbar. Zusätzlich dienen die dabei thematisierten Strategien als Hilfsmittel, um mentale Sprachhandlungen zu ermöglichen (vgl. Steinig & Huneke 2011, S. 155).

Die einzelnen Rechtschreibstrategien, die im Fokus der strategieorientierten Konzeption stehen, werden dabei von Didaktikerinnen wie Ute Spiegel als „Denkhandlungen [verstanden], denen Kinder beim Schreiben folgen“ (2016, S. 26). Während diese im Anfangsunterricht der Primarstufe explizit erläutert werden, so werden sie im Laufe des individuellen Lernprozesses zunehmend implizierter, bis sie letztendlich von erfahrenen Schreibern weitestgehend unbewusst genutzt werden (vgl. ebd., S. 26). Um die korrekte Schreibung eines Wortes zu identifizieren, ist der Einsatz von drei verschiedenen Rechtsschreibstrategien möglich. Dabei unterscheidet man zwischen dem Mitsprechen, Ableiten und Einprägen. Während beim Mitsprechen die Verschriftlichung eines Wortes unter Zuhilfenahme des rhythmisch-melodischen Silbensprechens erfolgt, wird beim Ableiten die korrekte Schreibweise durch die Einordnung des Wortes in eine Wortfamilie identifiziert (vgl. Pompe, Spinner & Ossner 2016, S. 101f.). Mit Blick auf die Konzeption der nachfolgend beschriebenen Unterrichtsstunde ist im Zusammenhang mit der zweiten Strategie auf den Sonderfall der Umlautung von ä/e sowie äu/eu hinzuweisen. Hierbei fällt es vielen Kindern schwer die korrekte Schreibung herauszufinden, da nicht die Umleitung selbst als Strategie erlernbar ist. Stattdessen müssen die SuS dazu in der Lage sein den Wortstamm zu erkennen, weshalb dem Sammeln und Bilden von Wortfamilien im strategieorientierten Rechtschreibunterricht größte Aufmerksamkeit gewidmet werden muss (vgl. Ossner 2017, S. 106). Daneben ist das Einprägen zu erwähnen, welches keine Rechtschreibstrategie im herkömmlichen Sinn meint, da es sich hierbei um das Merken einzelner Schreibungen handelt, die sich nicht anhand von orthographischen Regularitäten herleiten lassen (vgl. Pompe, Spinner & Ossner 2016, S. 102).

Die drei zuvor beschriebenen klassischen Rechtschreibstrategien stellen zudem das Fundament für die Freiburger Rechtschreibschule nach Günter Renk und Heide Buschmann dar, die in der nachfolgend skizzierten Unterrichtsstunde zum Lerngegenstand wird. Hierbei handelt es sich um ein Unterrichtskonzept, das die sukzessive Erarbeitung von geeigneten Lese- und Schreibstrategien vorsieht, welche die SuS beim Schriftspracherwerb unterstützen sollen (vgl. Brezing, Maisenbacher, Renk, Rinderle & Wehrle 2018, S. 6).  Das „rhythmisch-melodische Sprechen und Sprechschwingen“ (ebd., S. 20), welches eine Synchronisation von Sprache, Rhythmus und Bewegung ermöglicht, kann während des Schreibprozesses angewendet werden. Es stellt zudem das grundlegende methodische Vorgehen dar, mit dessen Hilfe die korrekte Schreibweise der Mehrheit des deutschen Wortschatzes identifizierbar ist. Symbolisch gekennzeichnet ist diese Strategie durch zwei Silbenbögen. Weicht die Schreibweise eines Wortes allerdings von der lautgetreuen Schreibung ab, so müssen weitere Rechtschreibstrategien der FRESCH-Methode zurate gezogen werden. So hilft die Strategie des rhythmischen Verlängerns bzw. Weiterschwingens bspw. bei der Niederschrift der Begriffe, die vom Phänomen der Auslautverhärtung oder Konsonantenverdopplung betroffen sind. Oftmals werden hierbei einsilbige Wörter verlängert, wobei auf die Aufforderung zur Mehrzahlbildung bei Nomina oder zur Komparation von Adjektiven bewusst verzichtet wird. Stattdessen wird im Schulkontext das Hilfswort „alle“ verwendet, um den SuS die Notwendigkeit des Weiterschwingens zu signalisieren (vgl. ebd., S. 24f.). Damit die SuS diese Strategie vom rhythmisch-melodischen Sprechen und Schreiben unterscheiden können, empfiehlt sich zusätzlich der Einsatz des Symbols des Silbenbogens mit Pfeil. Des Weiteren ist die Strategie des Ableitens zu erwähnen, die symbolisch mit einem Blitz gekennzeichnet wird. Sie wird insbesondere dann verwendet, wenn Unsicherheiten im Umgang mit der Lautähnlichkeit von e und ä sowie der Lautgleichheit von eu und äu auftreten. Es handelt sich dabei um eine Handlung, bei der die jeweiligen Begriffe in Bezug zu ihrer Wortherkunft gesetzt werden (vgl. ebd., S. 25). Die letzte in der FRESCH-Methode enthaltene Rechtschreibstrategie wird als Merkwörter bezeichnet. Hierbei handelt es sich um eine Wortgruppe, deren korrekte Schreibweise auswendig gelernt werden muss, da diese weder über das rhythmisch-melodische Schwingen, noch über das Verlängern oder Ableiten herleitbar ist. Im Unterrichtskontext wird diese Strategie durch den Großbuchstaben M symbolisch gekennzeichnet(vgl. ebd., S. 25).